Gedicht - Otto Weddigen |
Die Heidebraut Wie gift`ge Nebel aufwärts steigen! Die Heide liegt im Dämmerschein; Schon halten Geister ihren Reigen Um Totenschrein und Menschenbein. Nicht Mann, nicht Weib läßt mehr sich sehen Ein jeder schloß die Thüre fest; Nur Uhus auf die Beute gehen, Nachtvögel lassen scheu ihr Nest. Oho! was trippelt durch die Heide? So spät, so spät, so ganz allein — Ein Antlitz bleich und weiß wie Kreide — Sieh` da! ein schmuckes Mägdelein. Es eilt, es rennt, die Winde streichen Die Wangen weh, die Wangen wund; Es gilt das Dörflein zu erreichen Noch vor der mitternächt`gen Stund`. Bald ziert der Brautkranz seine Haare, So denkt es, und das Herz ihm schlägt; Bald sieht es, wie auf schwarzer Bahre Das Bräutchen man zu Grabe trägt. Huhu! nun schaudert es zurücke, Es naht, es naht der Heidemann; Es schaut ihn selbst, mit eignem Blicke, Er sieht es finster, fragend an. `Wohin? Wohin?` so forscht er wieder, `Gieb Antwort, Kind, an welchen Ort?` Hüllt ihm den Mantel um die Glieder, Und hurre, hurre, geht es fort. Da liegt das Dorf! Wie schnell gewonnen! Den Mantel löst der Heidemann — Der ist aus feinstem Flachs gesponnen! Was der nicht Alles wirken kann. `Leb wohl`, spricht er, `sieh diese Hippe!` Und eh` er wendet noch den Fuß, Drückt windesschnell er auf die Lippe Huhu! dem Mägdlein er den Kuh. Mit Not erreicht es seine Kammer, Doch bei dem frühen Morgenrot, Da findet man, o Weh! o Jammer! Die Heidebraut im Bette tot. |
Anzeigen |