Gedicht - Gustav Pfizer |
Der Wirtshaustisch Unlängst auf einem Wirtshaustisch Sah ich der Namen bunt Gemisch Vom Rande bis zur Mitten Ins Eichenholz geschnitten. Nachdenklich sah ich auf die Bank Und trank und las und las und trank, Und viel Gedanken kamen Mir bei den vielen Namen. Der Eine hattebreit und stolz Recht derb geschnitten in das Holz; Der mochte auch im Leben Sich auszudehnen streben. Ein Andrer von bescheidner Art Schloß seinen Namen, rein und zart, Mit schöngezackten Kränzen In zierlich enge Grenzen. Der Eine grad, der andre krumm, Der Dritte wohl im Kreis herum - Und Manchem fremde Namen Gar grob dazwischen kamen. Mit deinen Namen, alter Tisch, Gemahnst du mich ans Weltgemisch Wo auch die bunte Menge Sich umtreibt im Gedränge. Ja würde jeder Nam` ein Mann: Die Nachbarn könnten leichtlich dann, Die jetzt sich still bequemen, Beim Kopf einander nehmen. Von ihres Haders Strom erfaßt Fürwahr, es wäre keinem Gast Sein Gläschen Wein in Frieden Zu trinken mehr beschieden. Drum bleibet ruhig wie ihr seyd! Vertragt euch ohne Haß und Neid! Es soll zu Mord und Schrecken Euch nie ein Kadmus wecken! So lang ein leeres Eckchen bleibt An diesem Tisch: so lange schreibt Ein Jeder auf das Plätzchen Sich und vielleicht ein Schätzchen. Und mancher liest`s und denkt dabei: Wo dieser jetzt, wo jener sey? Doch kommt der Meister Schreiner, So bleibt von Allen Keiner! Denn glatt gehobelt wird das Holz; Und Kränze, Zahlen, Kunst und Stolz Sind in zwei kurzen Stunden Von Tisch und Welt verschwunden. Am blanken Tische wieder zecht Vergnügt ein jüngeres Geschlecht; Die Ahnen sind vergessen Die einst daran gesessen. |
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