Gedicht - Gustav Pfizer |
Das Götterbild In der Hütte, schneeummauert, Von der Sturme Wuth durchschauert, Sass ein nächtlich trübes Paar; Und der Knabe sinkt in Schlummer, Und den Alten drückt der Kummer Ueber manch vergangnes Jahr. Keine Rede, süss und labend, Würzt den einsam stillen Abend Mit der Wechselgabe Lust; Denn ihr Aug` ist noch geschlossen, Keine Geistesblüthen sprossen Aus der winterlichen Brust. An der Pforte pocht es leise, Und erschöpft von schwerer Reise Sacht ein Fremdling hier sich Rast; Gerne sie es ihm gewähren, Und mit bestem Willen ehren Sie den unverhofften Gast. Und er weilte manche Tage, Heilend ihres Trübsinns Plage Mit melodisch sanftem Wort; Aus den Herzen, bang und öde, Scheuchte Keine sonn`ge Rede Manchen düstern Unhold fort. Ihre flüchtigen Gedanken, Die wie schwache Halme wanken, Sammelt er zu goldnem Band; Finstre Herzen aufzuhellen Schickt er kund`ge Schachtgesellen Nieder in den tiefen Grund. Und so schafft er unverdrossen, Bis die dürren Zweige sprossen, Bis die rothe Blüthe springt, Bis im Auge Thränen beben, Und der Menschheit sanftes Weben Ihre harte Brust bezwingt. Hat sie erst sich selbst gefunden, Sieht die Seele, losgebunden, Auch nach einem Gott sich um; Und sie lernen fromme Sitte, Und es wird die arme Hütte Zum Altar und Heiligthum. Wie der Fremdling wohl erquicket, Sich zur weitern Reise schicket, Fleht der Greis ihn sehen und mild: `Ach wir werden bald vergessen, Was wir mir durch dich besessen! Lässt du uns kein Götterbild?` Aber arm, wie eine Wüste, Ist die ganze öde Küste, Hat nicht Gold. nicht edlen Stern; Die ein Künstler mag beseelen, -- Alle edlen Steine fehlen, Farbenschmelz und Elfenbein. Ans dem Nichts die Welt entspringet, Wenn das Wort der Liebe klinget, Und ihr Echo ist die Kunst; Frommer Geister hohes Ahnen Bricht sich mächtig neue Bahnen; Und ertrozt des Glückes Gunst. Armuth muss dem Gaste weichen; Denn dem Schnee, dem kalten, bleichen, Haucht er an des Lebens Schein, Und dem Bild von feuchtem Schaume, Flüchtig, gleich dem Morgentraume, Prägt er heil`ge Züge ein. Vor dem kalten Bilde trunken, Andachtglühend hingesunken Ist der Vater und der Sohn; Reich gestillt ist ihr Verlangen, An dem Gott die Seelen hangen, Und der Fremdling zieht davon. Frühe war ihr Glück zerronnen, Denn der heisse Strahl der Sonnen Löst das Band der Schönheit auf; Sinkt ein Gott so schnell zu Grabe? Und es lässt der traur`ge Knabe Seiner Klage vollen Lauf. Aber vor der leeren Stelle Kniet, das Auge klar und helle Nach wie vor entzückt der Greis; Lecken die seit langen Jahren, Bild des bleichen Kummers waren, Gleichen jezt dem Blüthenweiss. Seine Zuge, gramverwitttert; Neu ein Jugendglanz umzittert, Glut aus seinem Auge bricht, Mit verklärtem fremdem Tone, Zu dem trauervollen Sohne Heiter er die Worte spricht: `Weinst du ob dem Unbestande, Dass im heissen Sonnenbrande Schmolz des Götterbildes Pracht?` Glaubst du dich, den Bilderlosen, Rettungslos` hinabgestossen, In die alte trübe Nacht? Ueber diesen rohen Trümmern Seh` ich unverwüstlich schimmern Noch die herrliche Gestalt; Nun erst ist sie mir beständig Und ich fühl` es, wie lebendig Mir ihr Hauch das Herz durchwallt. Fröhlich, dem Gewicht entwunden, Das die Seele ihr gebunden, Schwebt sie nun im Manen Lieht; Sterben muss die Welt dem Scheine, Aber ewig bleibt das Reine, Und die Schönheit welket nichts. Nur das Todte kannst du trennen, Siehst es modern, schmelzen, brennen, Sey es Marmor, sey es Schaum; Aber in des Geistes Reiche Giebt es weder Tod noch Leiche, Und kein Grabmal findet Raum. Neidisch wollte uns die Sonne Rauhen der Betrachtung Wonne, Und es schwand das Bild im Fluss, Aber mich ergriffs zur Stunde, Und es brennt mir auf dem Munde Wie ein heisser Geisterkuss. Unsichtbar durch Siegesbogen, Ist nun in mich eingezogen, Was mich reich und selig macht; Wenn`s dem ird`schen Auge dunkelt, Strahlender nach, innen funkelt, Meines Himmels Sternennacht. Ueber Grüften Lorbeern finden, Götterwesen zu entbinden Aus dem Staube sey dein Ruhm! Lass` dem Feind die öde Stätte, Und die ew`ge Schönheit rette In das tiefste Heiligthum. Wenn wir nicht sein Bild mehr ehren, Darf der Gott zum Himmel kehren, Den er einst für uns verlor; Wenn im Geiste glüht die Feier, Schwingt befreit auch der Befreier, In die Heimath sich empor.` |
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