Gedicht - Ignaz Franz Castelli |
Mein erbarmungswürdiges Leben Ich hab` viel Qual und viel Beschwerde Und Unglück find` ich überall, Nichts geht nach Wunsch mir auf der Erde, Und stets bin ich des Schicksals Ball, Will Euch mein schrecklich Los erzählen, Und wie mich`s äffet für und für, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir.` Schon mit dem Tag beginnen Sorgen, Denn herrscht ringsum auch tiefe Ruh`, So wie es neun Uhr schlägt am Morgen, So schließ ich auch kein Aug` mehr zu; Da kann ich dann die Stunden zählen Und lag` ich auch noch drei und vier; Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir! Bin ich gebeten wo zu Tische Und habe Suppe, Rindfleisch auch Und Zugemüs` und etwas Fische Gegessen, voll ist dann mein Bauch, Und mag ich noch so sehr mich quälen, Nichts bring` ich mehr hinunter schier, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir! Und ess` ich Eier, Austern, Schnecken, Und Erbsen, Linsen, Bohnen, Aal, Die eben mir vor Allem schmecken, Macht mir mein schwacher Magen Qual, Die Früchte all` darf ich nicht wählen, Und auch nicht solch unschuldig Thier, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir! So auch bei`m Trunk: — Von einer Sorte Geht eine Maß in mich hinein, Doch find` ich wo an einem Orte Sechs, sieben Sorten fremden Wein, So gern ich keinen ließe fehlen, Muß manchen doch versagen, mir, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir! Auch mit der Dichtkunst will`s nicht gehen, Gefiel von mir gleich manches Lied, Und hat mein Nam` — ich darf`s gestehen, Auch eben keinen Mißkredit, So werd` ich doch trotz allem Quälen Kein Goethe, Schiller, Shakespeare, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir! Und auch Gott Amor macht mir trübe Das Leben bis zum letzten Hauch, Kenn` eine Blonde, die ich liebe, Und eine Braune lieb` ich auch, Nicht Beide kann zur Eh` ich wählen, Ein solches Glück mißgönnt man hier, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thrane mir! Ich hab` kein Haus, das mich ernähret, Und auch kein Landgut zum Genuß. Und was am meisten mich beschweret, Nicht zweifl` ich, daß ich sterben muß, Ihr werdet seh`n, es wird nicht fehlen, Daß ich das Leben auch verlier`, Bedauert mich, mitleid`ge Seelen, Und schenket eine Thräne mir! |
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