Gedicht - Carl Immermann |
Spruch des Dichters II Freilich in andrer Weise tönet heut Der Spruch des Dichters! Einer finstern Göttin Gehört das Leben, wenn das Leben nicht Mehr Traum und Täuschung ist. Sie baust in dunkler, In Pfeilerdichter Halle; Haupt im Arm, Ruht sie gewalt`ge Glieder in der Dämmrung. Die Brauen sind gefaltet. Zwischen ihnen Erzeugen sich die nächtlichen Gedanken, Die finster thronen auf der breiten Stirn. Nachlässig stößt ihr Fuß die Hügel weg, Die unsre Welt bedeutet. Scherzend hascht Ein kleiner Dämon sie, und spielt damit. Rings aber um die Göttin und den Dämon, Liegt alt Gerüll, kriecht, nistet wüst Gethier. Ihr Freunde, sprecht: was ist das Leben? Lohnt`s Der Mühe wohl, sich täglich anzukleiden, Und Speis und Wein zu nehmen? Fürchtet nicht, Daß ich mit alten Klagen euch ermüde, Die euch der Lord schon sattsam vorgestöhnt! Ich, dem das Schicksal solche Herrlichkeit Nicht aufgetischt, wie Seiner Herrlichkeit, Ich, nur ein schlichter Deutscher — darf mich wohl Nicht eures Antheils trösten, wollt` ich euch Von meinem Spleen poetisch unterhalten. Der Dichter, der aus Vielem Alles macht, Macht aus der Noth, vergnügt zu seyn, die Tugend. Und — grad heraus! Er liebt die Weisen nicht, Die kränklich Toten von dem Kopfschmerz, den Der überfüllte Schwelger fühlt, wenn er Aus wüstem Rausche schwindelnd führt empor. Was ist ihm Dichtung? — Morgenhauch, der aus Dem Land der ewigen Gesundheit weht! Was ist ihm der Parnaß? Ein Lorbeerhügel. Und nur der Stärke, wißt ihr, ist`s vergönnt, Im Schatten eines Lorbeers zu verwetten. — `Und doch führst du uns heut durch Regenwolken!` Ja seht, ihr Theuren, seht, so sind die Dichter! Beständig mit sich selbst im Widerspruch. Ein wahrer Mikrokosmus; so verworren. Als wie der Makrokosmus. Beste, lebt Mit mir den schlechten Tag (ich fleh` euch an!) Wir ihr den guten mit wir durchgelebt! Daran erkenn` ich meine Freunde, wenn Sie mich auch hören mögen, so ich klage. Wie herzlich wünscht` ich, daß ich Schönes nur, Und heitres immerdar euch zeigen könnte! Was aber zeigt mlr denn die Welt, tret` ich Aus meiner Freunde Mitte? Soll ich`s sagen? Geschminkten Tod auf jener Jungfrau Wangen, Den Teufel, der der Dame Schleppe trägt, Altkluge Jünglinge und kind`sche Männer, Scheinwisser und Scheinfromme; Scheinbegeistrung, Und eines Vaterlandes leeren Schein! Nun flücht` ich in mein Herz. O weh, da sieht`s Denn eben auch nicht just so sauber aus, Und fast find` ich die Welt bei mir entschuldigt Auf meine Kosten. Gebt, so rennt der Unmuth Trostlos im Zirkel. Haltet mir zu Hute, Führ` ich euch heut in eine Polterkammer. Das glaubt mir nur: Ich fand die Siebensachen Sämmtlich in unsrer Heimath. Jedes Stück Auf Markt und Straße war es ausgestellt, Und Manches ward verehrt als Götterbild. — |
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