Gedicht - Kaspar Stieler |
Liebe vergrössert sich,wie ein gewelzter Schnee-ball. 1. Ich wil euch Wunder-Dinge sagen, wie sich die Liebe pflegt zujagen und wächset jeden Augen-wink. Indehm sie wie ein Steubchen scheinet, wird sie ein Berg, eh man es meinet. Ist dieses nicht ein Wunder-ding? 2. Sobald die Jungfer wird gesehen, pflegt man ihr künstlich nachzugehen. Kein einig Blikkchen streichet fort, daß man sie listig zu bewegen, nicht alles Orts ihr geh entgegen und wechsel Lieb` und Liebes-wort`. 3. Auff Rede folget Wieder-rede. kein Weibes-bild ist je so blöde, die auff den Gruß nicht danken solt`. Alsdenn (hält ja die Zunge feste) so tuht ein süsser Blikk das beste, und zeuget, was das Herz gewollt. 4. So bald des Buhlers Weis` und Sitten der Schämenden Gemüht bestritten, und nu die Scheu wird schlecht geacht, denn geht es an ein lieblen, scherzen, an Hand-Fuß-drukken, küssen, herzen, So ist der rechte Grund gemacht. 5. Bald wird man mehr und mehr gemeine. Man achtet Ehr und Schande kleine. Das schlechtste heist: Ein Griff in Zucht. Was ferner folgt, darff ich nicht singen, es möchte mich in Argwohn bringen, ich hätt` es etwa selbst versucht. |
Anzeigen |